Dekubitus

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Was ist Dekubitus? Definition:

„Eine Druckschädigung (Dekubitus) ist eine lokalisierte Schädigung der Haut und des darunterliegenden Gewebes, die in der Regel über einem knöchernen Vorsprung liegt oder mit einem medizinischen oder anderen Gerät/Hilfsmittel zusammenhängt. Die Schädigung kann sich als intakte Haut oder als offenes Ulkus darstellen und schmerzhaft sein. Die Schädigung entsteht als Folge von intensivem und/oder längerem Druck oder Druck in Kombination mit Scherkräften. Die Druck- und Scherkrafttoleranz des Gewebes kann auch durch Mikroklima, Ernährung, Durchblutung, Komorbiditäten und den Zustand des Gewebes beeinflusst werden.“ (Vgl. EPAUP/NPIAP/PPPIA 2016)

Auch oft gesucht: Dekubitus, Druckschädigung, Druckgeschwür, Dekubitalulkus



Entstehung

Was ist Dekubitus?



Druckschädigung

International spricht man inzwischen von PRESSURE INJURIES, also einer Druckschädigung des Gewebes. Dieser Oberbegriff wurde gewählt, da es sich bei einem Dekubitus Stadium 2 EPUAP/NPIAP/PPPIA um kein Ulcus handelt, sondern um einr epidermale Wunde, die nicht bis in die Dermis reicht. Erst ab Stadium 3 EPUAP/NPIAP/PPPIA kann somit definitionsgemäß von einem Dekubitalulkus gesprochen werden, da diese Schädigungen bis mindestens in die Dermis reichen.

Druckwirkung

Die Druckwirkung ist abhängig von der Größe der Fläche, auf die der Druck einwirkt, und der Zeit, in der der Druck auf das Gewebe wirken kann.

Je kleiner die Fläche, auf die der Druck einwirkt, desto mehr Druckeinwirkung (höherer Druck) entsteht und umso kürzer ist die Zeitdauer. Dadurch besteht ein hohes Risiko einer Gewebeschädigung.

Je größer die Fläche, desto geringer die Druckeinwirkung, da sich der Druck über auf eine größere Fläche verteilt, und umso länger hält das Gewebe dem Druck stand. Dies ist das Prinzip der Druckverteilung, welches man im Bereich der Dekubitusprophylaxe einsetzt, z. B. durch Weichlagerungsmatratzen, Wechseldrucksysteme usw.

Scherkräfte

Scherkräfte sind parallel zueinander in entgegengesetzte Richtungen wirkende Kräfte, innerhalb der verformten Gewebe, z. B. Verschiebungen innerhalb der Muskulatur oder Hautschichten.

Die auf das Gewebe einwirkenden Scherkräften führen eher zu tieferen Gewebeschädigungen.

Besonders stark ausgeprägt am Sakrum und an den Fersen beim Hoch- oder Runterrutschen im Bett. Das elektrischen Verstellen des Kopfteiles zum Aufsitzen, führt zu einem extremen Anstieg von Scherkräften innerhalb des Gewebes.

Prädilektionsstellen

Prädilektionsstellen sind Körperregionen, an denen bevorzugt Dekubitalulzera entstehen, da hier knöcherne Vorsprünge zu finden sind.

Zu den gefährdetsten Stellen gehören:

In Rückenlage

  • Hinterhaupt
  • Schulterblätter
  • Dornfortsätze der Wirbelsäule
  • Kreuzbein (Sakrum)
  • Fersen

In Bauchlage

  • Stirn
  • Jochbein
  • Schultergelenke
  • Brustbein
  • Ellenbogen
  • Darmbeinstachel
  • Kniescheibe
  • Fußspitze

In 90° Seitenlage

  • Jochbein
  • Ohrmuschel
  • Schultergelenke
  • Rippen
  • Ellenbogen
  • großer Rollhügel (Trochanter)
  • Kniegelenk
  • Wadenbein
  • Knöchel

Im Sitzen

  • Hinterhaupt
  • Schulterblatt
  • Dornfortsätze
  • Ellenbogen
  • Sitzbeinhöcker
  • Fersen

Dekubitusrisiko

Folgende 3 Patientenmerkmale stellen die wichtigsten Faktoren für das Dekubitusrisiko dar:

  • Beeinträchtigung der Mobilität
  • Störungen der Durchblutung
  • Sowie beeinträchtigter Hautzustand bzw. bereits vorhandener Dekubitus

Besteht insbesondere eine Einschränkung der Mobilität, so steigt im gleichen Maße das Dekubitusrisiko. Je immobiler ein Betroffener ist und je abhängiger er von pflegerischen/therapeutischen Maßnahmen ist, desto höher das Dekubitusrisiko.

Risikoeinschätzung

Eine Risikoeinschätzung sollte initial unmittelbar zu Beginn des pflegerischen Auftrags. Danach erfolgt eine Einschätzung in individuell zu ermittelnden Abständen, jedoch unverzüglich bei Veränderungen der Mobilität oder externer Einflussfaktoren, die zu einer erhöhten und/oder verlängerten Einwirkung von Druck und/oder Scherkräften führen können.

Klassifikation EPUAP/NPIAP/PPPIA (2016)

EPUAP = European Pressure Ulcer Advisory Panel

NPIAP = National Pressure Injury Advisory Panel

PPPIA = Pan Pacific Pressure Injury Alliance

Stadium 1 Druckschädigung:

Intakte Haut mit einem lokalisierten Bereich eines nicht wegdrückbaren Erythems, das bei dunkel pigmentierter Haut anders aussehen kann.

Das Vorhandensein eines wegdrückbaren Erythems oder Veränderungen der Empfindung, Temperatur oder Festigkeit können visuellen Veränderungen vorausgehen.

Zu den Farbveränderungen gehören keine lividen oder rötlichbraunen Verfärbungen; diese können auf eine tiefe Gewebedruckschädigung hinweisen.

Stadium 2 Druckschädigung: Teilweiser Hautverlust mit exponierter Dermis

Teilweiser Hautverlust mit exponierter Dermis. Das Wundbett ist lebensfähig, rosa oder rot, feucht und kann auch als intakte oder gerissene serumgefüllte Blase vorliegen. Fettgewebe und tiefer liegende Gewebe sind nicht sichtbar. Granulationsgewebe, Beläge und Nekrosen sind nicht vorhanden.

Die Schädigungen sind häufig Folge eines ungünstigen Mikroklimas und von Scherkräften in der Haut über dem Becken und Scherkräften in der Ferse.

Dieses Stadium sollte nicht verwendet werden, um feuchtigkeitsbedingte Hautschäden (MASD) zu beschreiben, darunter inkontinenzassoziierte Dermatitis (IAD), intertriginöse Dermatitis (ITD), durch medizinische Klebstoffe bedingte Hautschädigungen (MARSI) oder traumatische Wunden (Hautrisse, Verbrennungen, Abschürfungen).

Stadium 3 Druckschädigung: Verlust aller Hautschichten

Vollständiger Verlust der Hautschichten, bei dem im Ulkus Fettgewebe sichtbar ist und häufig Granulationsgewebe und Epibole (eingerollte Wundränder) vorhanden sind. Beläge und/oder Nekrosen können sichtbar sein. Die Tiefe der Gewebeschädigung variiert je nach anatomischer Lokalisation; Bereiche mit signifikanter Adipositas können tiefe Wunden entwickeln. Es kann zur Unterminierung und Taschenbildung kommen.

Faszien, Muskeln, Sehnen, Bänder, Knorpel oder Knochen sind nicht freigelegt.

Wenn Beläge oder Nekrosen das Ausmaß des Gewebeverlusts verdecken, handelt es sich um eine nicht-klassifizierbare Druckschädigung.

Stadium 4 Druckschädigung: Verlust von Haut und Gewebe in voller Dicke

Vollständiger Haut- und Gewebeverlust mit freiliegendem oder direkt tastbaren Faszien-, Muskel-, Sehnen-, Band-, Knorpel- oder Knochenanteil im Ulkus. Beläge und/oder Nekrosen können sichtbar sein. Epibole (eingerollte Wundränder), Unterminierung und Taschenbildung kommen häufig vor. Die Tiefe variiert nach anatomischer Lokalisation.

Wenn Beläge oder Nekrosen das Ausmaß des Gewebeverlusts verdecken, handelt es sich um eine nicht-klassifizierbare Druckschädigung.

Nicht klassifizierbare Druckschädigung: Verdeckter vollständiger Haut- und Gewebeverlust

Vollständiger Haut- und Gewebeverlust, bei dem das Ausmaß der Gewebeschädigung innerhalb des Ulkus nicht bestätigt werden kann, weil es durch Beläge oder Nekrosen verdeckt ist.

Werden Beläge oder Nekrosen entfernt, wird eine Druckschädigung Stadium 3 oder Stadium 4 sichtbar.

Eine stabile Nekrose (d.h. trocken, anhaftend, intakt ohne Erythem oder Fluktuation) an einer ischämischen Extremität oder der Ferse(n) sollte nicht aufgeweicht oder entfernt werden.

Tiefe Gewebedruckschädigung: Anhaltende nicht-wegdrückbare tiefrote, rötlichbraune oder livide Verfärbung

Intakte oder nicht intakte Haut mit einem lokalisierten Bereich mit anhaltender, nicht wegdrückbarer, tiefroter, rötlichbrauner, livider Verfärbung oder epidermaler Abtrennung, die ein dunkles Wundbett oder eine blutgefüllte Blase erkennen lässt.

Schmerzen und Temperaturveränderungen gehen häufig den Hautfarbveränderungen voraus. Bei dunkel pigmentierter Haut kann die Verfärbung anders aussehen.

Diese Schädigung resultiert aus intensiven und/oder langanhaltenden Druck- oder Scherkräften an der Grenzfläche zwischen Knochen und Muskel. Die Wunde kann sich rasch entwickeln, wodurch das tatsächliche Ausmaß der Gewebeschädigung sichtbar wird, oder sie kann sich ohne Gewebeverlust auflösen.

Wenn nekrotisches Gewebe, Subkutangewebe, Granulationsgewebe, Faszien, Muskeln oder andere darunter liegende Strukturen sichtbar sind, deutet dies auf eine vollständige Druckschädigung der Haut- und Gewebeschichten hin (nicht-klassifizierbar, Stadium 3 oder Stadium 4).

Eine tiefe Gewebedruckschädigung nicht zur Beschreibung vaskulärer, traumatischer, neuropathischer oder dermatologischer Zustände verwenden.

Schleimhautdruckschädigung (Schleimhautdekubitus)

Eine Schleimhautdruckschädigung findet sich an Schleimhäuten im Zusammenhang mit einem medizinischen Gerät/Medizinprodukt, das am Ort der Schädigung verwendet wurde. Diese Ulzera können nicht klassifiziert werden.

Wichtig

Die Stadieneinteilung ist nur dazu geeignet, die maximale Gewebsschädigung zu beschreiben.

Dies bedeutet: Ein Dekubitus Kategorie 4 bildet sich nicht in einen Dekubitus Kategorie 3, Kategorie 2 oder Kategorie 1 zurück.

Eine Umkehrung der Gradeinteilung sollte niemals zur Beschreibung der Heilung eines Dekubitus verwendet werden, da in diesem Fall eine neue Wunddiagnose gestellt wird.

Komplikationen

Grundsätzlich ist der Dekubitus selbst eine Komplikation eines multifaktoriellen Geschehens.

Der entstandene Dekubitus selbst, kann Auslöser für Komplikationen sein. Diese sind:

  • Wundinfektion, Sepsis (insbesondere bei vorhandener Taschenbildung als Auslöser einer Wundinfektion)
  • Abszessbildung, z. B. unter einer geschlossenen Nekrose
  • Taschenbildung/Unterminierungen
  • Osteomyelitis, Osteolyse, Knochennekrosen
  • Weiterführende Gewebeschäden

Differentialdiagnose

Feuchtigkeitsbedingte Läsionen

Feuchtigkeitsbedingte Läsionen wird auch Feuchtigkeitswunde oder Feuchtigkeitsläsion genannt. Bei feuchtigkeitsbedingten Läsionen handelt es sich um Wunden, die aufgrund von zu viel Feuchtigkeit entstehen und nicht durch Druck und/oder Scherkräfte. Viele dieser feuchtigkeitsbedingten Hautschädigungen werden als Dekubitus fehlinterpretiert. Wunden, die sich auf die Analrinne begrenzen und eine längliche Form haben, sind in der Regel feuchtigkeitsbedingte Läsionen und kein Dekubitus.(vgl. puclas 2011)

Feuchtigkeitswunden sind meist oberflächlicher und somit handelt es sich um einen teilweisen Hautverlust. Es lassen sich bei feuchtigkeitsgedingten Läsionen in der Regel keine Läsionen finden. Sie zeigen oft unregelmäßige oder diffuse Wundränder. Wenn sich Feuchtigkeitsläsionen infizieren, können sich Umfang und Tiefe vergrößern und sie bleiben nicht mehr auf oberflächliche Hautschichten begrenzt. Durch das feuchte Milieu und die gestörte Hautbarriere, werden diese Wunden häufig von Pilzen besiedelt.

Liegen Feuchtigkeit und/oder Druck gleichzeitig vor, kann es sich bei der Läsion sowohl um einen Dekubitus als auch eine feuchtigkeitsbedinge Läsion handeln, also eine kombinierte (gemischte) Läsion.

Literatur

  • Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) (Hrsg.) (2017): Expertenstandard Dekubitusprophylaxe in der Pflege, 2. Aktualisierung, Hochschule Osnabrück
  • Danzer, S./Kamphausen, U. (2016): Dekubitus - Prophylaxe und Therapie: Ein Leitfaden für die Pflegepraxis, W. Kohlhammer Verlag
  • European Pressure Ulcer Advisery Panel (EPUAP) (2014): Prävention und Behandlung von Dekubitus: Kurzfassung der Leitlinie. 1. Aktualisierung, EPUAP/NPUAP/PPPI
  • Romanelli, M. / Clark, M. / Gefen, A. (Hrsg.) (2018): Science and Practice of Pressure Ulcer Management. 2. Auflage, Springer Verlag